Von Okko tom Brok.
Seit der deutschen Einheit ist Deutschland von einem eigenartigen „Rettungsfieber” befallen. Jeder Rettung korrespondierte dabei eine „Wende”. Beide Begriffe wurden dabei bis zur Unkenntlichkeit überstrapaziert.
Ostern zeigt eine andere Rettung – ganz ohne Zwang und Hysterie.
Die deutsche Wiedervereinigung von 1990 war eine politische Großtat. War die dabei zu leistende Zusammenführung der geteilten deutschen Staaten und die „Rettung” der ökonomisch kollabierenden DDR in den Jahren seit 1990 noch vom Einheitsauftrag des Grundgesetzes gedeckt, so hat sich das Narrativ von „Rettung” und „Wenden” seither in bedrohlicher Weise verselbstständigt. Einige Beispiele mögen das verdeutlichen.
Umweltpolitik wurde zur „Klimarettung”
Die seit den 1970er Jahren in Deutschland praktizierte und besonders von den Grünen anfangs durchaus zu Recht propagierte und zunehmend selbstverständlich praktizierte Umweltpolitik diente vor allem dem Gewässerschutz und der Reduktion von Müll und Umweltgiften.
Das in den 80er Jahren befürchtete „Waldsterben” stellte sich dabei im Laufe der Zeit als Fehlannahme heraus und wurde als Formel der Umweltpolitik stillschweigend fallengelassen. Diese Rettungskampagne zugunsten des immer wieder einmal romantisch verklärten deutschen Waldes zeigte jedoch bereits erste Haarrisse in der deutschen Politikarchitektur, die immer weniger von Pragmatismus und Realismus und immer mehr von politischem Alarmismus und Dogmatismus geprägt war.
Keine Geringere übrigens als die spätere Bundeskanzlerin Angela Merkel war es, die als Bundesumweltministerin im Kabinett von Bundeskanzler Helmut Kohl die Weichen vom Umweltschutz hin zur „Klimarettung” zu verschieben half. Die Wetterkarten der Mainstream-Medien verfärben sich inzwischen ab 20°C dunkelrot, und jeder heiße Sommertag, jeder Wind und jeder etwas heftigere Regenschauer werden von einem pathetischen Klima-Gejammer begleitet, obwohl jeder vor 1990 Geborene mühelos rekonstruieren könnte, dass extreme Wetterereignisse zu allen Zeiten vorkamen.
Als Mittel zur Verankerung eigentlich demokratisch nicht durchsetzbarer Maßnahmen von Autostillegungen bis zu kostspieligen energetischen „Haussanierungen” kommt ein bewährtes Machtinstrument zum Einsatz: das Schüren von Angst. Und es wirkt. Immer mehr vor allem junge Menschen sind zutiefst verängstigt durch die Androhung einer „Klimakrise”, deren Existenz alles andere als gesichert ist.
Von der „Bankenkrise” zur „Bankenrettung”
Angela Merkel war es wiederum, die als amtierende Bundeskanzlerin in ihrer ersten Amtszeit unter dem Motto „Too big to fail” einige wirtschaftlich schwer angeschlagene Großbanken in den Jahren 2008/2009 mit staatlichen Finanzmitteln „rettete”. Was wie ein Akt finanzpolitischer Weitsicht daherkam, schwächte jedoch im Ergebnis die Selbstregulierungskräfte des Marktes und verstärkte bei vielen Managern nicht nur der Bankenbranche die Haltung eines „Casino-Kapitalismus”, bei dem zwar die Gewinne privatisiert und in unmoralisch hohe Bonuszahlungen und Abfindungen umgemünzt, Verluste hingegen zulasten des Steuerzahlers sozialisiert wurden. Ein planwirtschaftlicher Eingriff wurde zum Präzedenzfall für eine schleichende Abkehr von der Sozialen Marktwirtschaft.
Der bekannte Finanzexperte Markus Krall geht davon aus, dass die Banken damals allerdings gerade nicht gerettet worden seien, sondern in eine Abwärtsspirale der „Zombiefizierung” gebracht wurden und ohne staatliche Finanzhilfen auf Dauer nicht mehr lebensfähig seien. Diese Entwicklung verschärfte sich sogar noch drastisch während der sog. Corona-Pandemie zwischen 2020 und 2023, wovon noch zu sprechen sein wird.
Europapolitik wird zur „Eurorettung”
Das währungspolitische Mega-Experiment „Euro”, von dem Bundesfinanzminister Theo Waigel einst schwärmte, es werde genauso stabil wie die D-Mark sein, entpuppte sich seit 2010 als erheblich fragiler als selbst von Kritikern befürchtet. Milliardenschwere Rettungspakete für südeuropäische Länder wie Griechenland und Portugal, aber auch Italien und Irland, wurden auf dem Weg des sog. Europäischen Sicherheitsmechanismus (ESM) verteilt, ohne dass es zu einer langfristigen Konsolidierung des weiterhin angeschlagenen Euro gekommen wäre. Die Krise wurde zum Dauerzustand, quasi ein Perpetuum mobile von Eurorettern.
Energiepolitik wird zur „Energiewende”
Unter dem Eindruck eines Unfalls im Kernkraftwerk im japanischen Fukushima verfügte erneut Bundeskanzlerin Angela Merkel 2011 den gegenüber dem von der Vorgängerregierung aus SPD und Grünen noch einmal beschleunigten Atomausstieg, nachdem sie kurz zuvor noch für eine Verlängerung der friedlichen Nutzung der Kernenergie plädiert hatte und sogar wiedergewählt worden war.
Die deutsche Energieversorgung wurde in der Folgezeit einerseits in eine unverantwortliche Abhängigkeit von russischem Gas (Stichwort: Nordstream) gebracht, andererseits mit dem massiv subventionierten Zubau von Windkraft- und Solaranlagen seiner einst weltweit einzigartigen Versorgungssicherheit infolge kaum kalkulierbaren „Flatterstroms” beraubt.
Seither gleichen deutsche Winter einem „russischen Roulette”, bei dem bis Ostern stets ungewiss bleibt, ob nicht ein flächendeckender Stromausfall (Blackout) zu massiven Notständen apokalyptischen Ausmaßes führen könnte. Manfred Haferburg hat die Gefahren eines solchen Szenarios hier auf Achgut mehrfach intensiv und kenntnisreich ausgeführt.
Verkehrspolitik wird zur „Verkehrswende”
Im Gefolge des Narrativs einer „Klimarettung” verfügte die Bundesregierung verkehrspolitische Maßnahmen zur Förderung alternativer Antriebstechnogien bei Automobilen. Ohne hinreichende sachliche Grundlagen wurden Verbrennermotoren zu vermeintlichen „Klimakillern” erklärt, die innerhalb von einem Jahrzehnt durch vermeintlich saubere Elektromotoren zu ersetzen seien.
Nicht nur wurden dabei die gewählten Übergangsfristen des Umstiegs auf eine neue Technologie in abenteuerlicher Weise zu gering gewählt, sondern auch der erhebliche, für das Energiewende-Deutschland gar nicht mehr zu bewältigende Mehrbedarf an Strom für Millionen neuer Elektrofahrzeuge wurde grandios unterschätzt. Dass auch die umweltpolitischen Schattenseiten der Produktion von Autobatterien (Akkus) schlichtweg unterschlagen wurden, sei hier nur am Rande erwähnt. Immerhin verdankt die deutsche Politik(real)satire dieser energiepolitischen Fehlkalkulation den berühmten Baerbock’schen Versprecher von Kobalt und „Kobold”.
Gesundheitspolitik wird zur „Mutter aller Rettungen”
Als im Februar 2020 ein Erkältungsvirus aus China die Runde machte, wurde es medial noch belächelt (z.B. in der heute-show) und regierungsseitig als „rechtspopulistische Verschwörungstheorie” abgetan. Wenig später drehte sich jedoch der Wind, und „Corona”, so der volkstümliche Name der Viruserkrankung Covid-19, wurde zum „Staatsfeind Nr. 1”. Maßnahmen zur Eindämmung der „Seuche” konnten gar nicht radikal genug sein und wurden in ungeahnt rigider Weise von Gesundheitsbehörden und Polizei durchgesetzt. Selbst wenn man bereit ist, bis Mitte 2020 ein gewisses Maß an Unwissenheit und daraus abgeleiteten Fehleinschätzungen als Milderungsgrund anzuerkennen, wurden in Deutschland bis ins Frühjahr 2023 einige der schärfsten Regeln weltweit verfügt. Schulen und Kirchen wurden geschlossen oder nur für Geimpfte und kurzfristig Genesene geöffnet (G2), und selbst kerngesunde, laut täglichem Corona-Test negativ attestierte Bürger wurden zuhause eingesperrt und zahlreicher Grundrechte beraubt. Erkältete durften zur Genesung nicht an die frische Luft, wie es bis 2019 jeder Hausarzt empfohlen hätte. Die Klimahysterie wurde für mehrere Jahre von einer Corona-Hysterie verdrängt.
Die zahlreichen autoritären Zwangsmaßnahmen wurden natürlich wiederum begleitet von diversen staatlichen „Rettungsmaßnahmen”, um den durch die Maßnahmen extrem notleidenden Betrieben in Handel, Gastronomie und Tourismus finanziell unter die Arme zu greifen.
Einmal mehr wurden wir „zwangsgerettet”, und es erstaunt im Rückblick, dass nicht auch noch eine „Gesundheitswende” ausgerufen wurde, die vermutlich in einem Impfzwang und dem Aufbau eines Impfregisters bestanden hätte. Aber was nicht ist, kann ja noch werden.
Gemeinsam ist all diesen Narrativen, dass uns die Krise als neuer Normalzustand verkauft wird, durch den uns nur die staatlich bestellten „Retter” hindurchhelfen können. Danke, aber danke nein!
Wir feierten in dieser Woche Karfreitag, das Fest der Kreuzigung Jesu. Nach christlicher Überzeugung fand am Kreuz zu Golgatha nicht weniger als die Rettung der unerlösten, friedlosen Menschheit statt. Wie unerlöst und friedlos wir Menschen tatsächlich sind, wurde in den vergangenen Jahren nach meinem Dafürhalten einmal mehr eindrucksvoll bewiesen. Als Christ vertraue ich auf die Rettung durch Jesus Christus und brauche dann keine weiteren „Rettergestalten”, die mir ungefragt über die Straße helfen oder mir Zwänge auferlegen, die weder bei der Hongkong-Grippe 1968 noch bei den diversen Pest-Epidemien in Mittelalter oder in der frühen Neuzeit denkbar gewesen wären.
Und ich hoffe darauf, dass die Rettungshysterie, die unser in German Angst erstarrendes Land befallen hat, durch den Mann am Kreuz geheilt werden kann. Das wäre für mich ein echtes Osterwunder.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen Frohe Ostern!
Der Autor ist Lehrkraft an einem niedersächsischen Gymnasium und schreibt hier unter Pseudonym.