Die Wiederwahl von Ursula von der Leyen, Präsidentin der Europäischen Kommission, ist alles andere als sicher. Für alle Fälle baut sie schon mal Brücken zu einflussreichen Rechtsparteien.
Nach der Europawahl im Juni könnte die jetzige breite Mehrheit aus Europäischer Volkspartei (EVP), Sozialdemokraten und Liberalen ziemlich dezimiert werden zugunsten von den Fraktionen rechts der Mitte. Auf einige dieser Parteien wird von der Leyen angewiesen sein, will sie für eine zweite Amtszeit gewählt werden.
Eine Schlüsselrolle spielt dabei Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni. Deren Partei Fratelli d’Italia, die der Fraktion Europäische Konservative und Reformer (EKR) angehört, wird voraussichtlich bei der Europawahl kräftig zulegen. Auch die national-konservative PiS aus Polen, trotz Machtverlust in Warschau weiterhin die größte Partei Polens, ist ein Gewicht innerhalb der EKR-Fraktion. Von der Leyen kann sich mit beiden eine Zusammenarbeit vorstellen. Viele der in der Fraktion EKR vereinten Parteien stehen dem heutigen Kurs der EU-Kommission allerdings kritisch gegenüber.
Eine Zusammenarbeit mit der Fraktion Identität und Demokratie (ID), zu der die AfD und das französische Rassemblement National gehören, schloss von der Leyen jedoch derzeit noch aus. Mit der jetzt angekündigten Kooperation mit aus ihrer Sicht offenbar harmloseren Rechtsparteien hatte sie die Öffentlichkeit 2019 noch überrascht. Da wurde sie auch nur ins Amt gewählt, weil ihr einige von diesen halfen. "Ihren Wahlsieg hat von der Leyen vor allem den Rechtspopulisten zu verdanken. Die proeuropäischen Fraktionen stimmten mehrheitlich gegen sie", resümierte das Handelsblatt damals.
Für eine Unterstützung von der Leyens dürften Meloni und andere in der EKR jetzt sicher ein Entgegenkommen erwarten, was einen Rechtsschwenk der zurzeit grün-linken Politik der EU-Kommission bedeuten würde: besserer Schutz der Außengrenzen, weniger Bürokratie und Einmischung in die inneren Angelegenheiten der Mitgliedsstaaten, fiskale Disziplin und eine Aufgabe oder zumindest Zurückschneiden des Green Deal, ein Lieblingsprojekt von der Leyens.
Für von der Leyen ist die Unterstützung von rechts ein Balanceakt, denn gleichzeitig benötigt sie für eine Mehrheit außer den Stimmen der EKR und die EVP-Fraktionen auch die der Sozialdemokraten, und für die wären die genannten Forderungen schwer zu schlucken.
(Quellen: NZZ, NTV)