In diesem Artikel möchte ich einigen ungeimpften französischen Mitarbeitern des Medizin- und Pflegesektors eine Stimme geben. Diese waren im Zuge der Coronapolitik vom Dienst suspendiert worden und sollen nun wieder an ihre Arbeitsplätze zurückkehren. Sie erlebten mitunter Schauerliches.
Wie in meinem letzten Beitrag angekündigt, möchte ich in diesem Artikel einigen ungeimpften französischen Mitarbeitern des Medizin- und Pflegesektors eine Stimme geben. Diese waren im Zuge der Coronapolitik vom Dienst suspendiert worden und sollen nun wieder an ihre Arbeitsplätze zurückkehren. Einführend zu den Portraits einiger Suspendierter und anderer betroffener Personen möchte ich daran erinnern, dass unbefristete Angestellte im öffentlichen Gesundheitssektor in Frankreich im Beamtenstatus sind. Ebenfalls möchte ich darauf aufmerksam machen, dass die Mehrheit des französischen Pflegepersonals aus Menschen besteht, die ihren Beruf als Berufung leben. Angesichts eines noch niedrigeren Gehalts als in Deutschland ist die Ausübung dieser Berufe ohne Idealismus und Liebe kaum zu schaffen.
Diverse der von der Impfpflicht betroffenen Berufsangehörige, vor allem niedergelassene Ärzte, haben ein Impf-Zertifikat, aber keines der verlangten Produkte in ihrem Körper. Ihre Adressen werden vertraulich in den Kreisen „Ungeimpfter“ weitergegeben. Eine Zeit lang wurde ein falsches Zertifikat für um die 300 Euro gehandelt. Es gab aber auch Ärzte, die offiziell „impften“, und zwar zum normalen Preis, der von der Krankenkasse übernommen wurde, aber anstatt das Produkt in den Oberarm zu injizieren, warfen sie es in die Praxismülltonne. Es war nicht leicht, an diese Adressen zu kommen, man musste sich einem Mitmenschen anvertrauen und über Vertrauensketten an einen dieser Ärzte kommen. Das gelang nicht jedem. Der Großteil der Suspendierten zeigt aber gewisse Charaktereigenschaften, und ein solcher Betrug kam und kommt für sie überhaupt nicht infrage. Sämtliche Namen sind bis auf Grégory Pamart Pseudonyme.
„Mich bekommen die nicht wieder“
Éric, 34, mobiler Altenpflegehelfer, kinderlos. Jeden Samstag stand er stumm mit einem in großen Buchstaben beschriebenen Karton auf den Demonstrationen seiner Heimatstadt im Süden Frankreichs. Im Verein der Suspendierten seiner Provinz war er sehr aktiv, informierte an Ständen in der Fußgängerzone die Bewohner der Stadt. Während der Suspendierung zehrte er sein Erspartes auf und lebte dann von der Unterstützung von Freunden und Spenden. Er vermisste seine Patienten, die er zum Großteil seit Jahren betreute. Éric ist auf seinen Arbeitsplatz zurückgekehrt, das kleine Unternehmen für mobile Altenpflege war froh, ihn wiederzuhaben.
Christelle, 61, OP-Schwester, erwachsene Kinder. Am 15. September 2021 ging sie einfach wie gewohnt zur Arbeit. Der Sicherheitsdienst des Krankenhauses kam in den Vorraum des OP-Saals, forderte sie auf, ihre Arbeit niederzulegen und geleitete sie aus dem Krankenhaus. Keiner ihrer Kollegen sagte ein Wort. Christelle wird nicht zu ihrem Arbeitsplatz zurückkehren, auch wenn man sie darum anbetteln sollte. Nach einer solchen Beschämung und Respektlosigkeit ihr gegenüber wird sie die Arbeit nicht wieder aufnehmen. Sie ist offiziell im Krankenstand und wird diesen bis zur Möglichkeit einer Frühpensionierung weiter verlängern.
Julie, 42, examinierte Krankenschwester in der häuslichen Krankenpflege, eine 10-jährige Tochter. Zwei Tage, nachdem die oberste Gesundheitsbehörde im März 2023 grünes Licht für die Reintegration der Suspendierten gab, erzählte sie bei einer Veranstaltung unter Tränen, dass sie nun nicht wisse, was sie machen solle. In drei Tagen sollte sie einen neuen Vertrag antreten, unbefristet, nicht im Gesundheitssektor, sogar etwas besser bezahlt. Aber Krankenschwester zu sein, ist ihr Beruf und ihre Berufung. Einer ihrer ehemaligen Patienten war ebenfalls bei der Veranstaltung, er ist mehrfach behindert, er war in seinem elektronischen Rollstuhl gekommen und hatte über die gesamte Zeit ihrer Suspendierung Kontakt mit ihr gehalten. Er behielt das Präsens bei: „Ich bin einer von Julies Patienten.“ Ich konnte leider nicht herausfinden, wie sich Julie entschieden hat.
Cédric, 26, LKW-Fahrer und Mitglied der freiwilligen Feuerwehr: „Schade, ich habe das immer sehr, sehr gern gemacht, alljährlich habe ich viele meiner Urlaubstage im Sommer für das Löschen von Waldbränden geopfert. Sollen sie schauen, wie sie nun löschen ohne uns Freiwillige, mich bekommen die nicht wieder.“
Zur Auswanderung genötigt
Sabrina, 30, examinierte Krankenschwester, keine Kinder. Die Suspendierung war ein Schock für sie, bis zum letzten Tag der Frist konnte sie nicht glauben, dass ihr Arbeitgeber, ein kommunales Krankenhaus, das Gesetz umsetzen würde. Sie hat sich bereits Ende 2021 von ihrem Beruf abgewandt und macht nun eine zweite Ausbildung. Sie will nach ihren eigenen Worten an diesem pervertierten Gesundheitssystem nicht mehr teilnehmen.
Albert, 41, Physiotherapeut , und Isabelle, 37, Krankenschwester, drei Kinder. Einige Monate nach der Suspendierung haben sie sich mit ihren Kindern besprochen und mit ihren Eltern. Sie sind in die französischsprachige Schweiz umgezogen, wo man sie bei den Einstellungsgesprächen nicht nach ihrem „Impfstatus“ gefragt hat und wo sie während der einrichtgnsbezogenen Impfpflicht in Deutschland und der Impfpflicht in Frankreich ihre neuen Stellen angetreten haben. Eine Auswanderung hatten sie nie ins Auge gefasst, sie sahen sich zu ihr genötigt durch die französische Gesundheitspolitik.
Sophie, 36, examinierte Krankenschwester, zwei Kinder. Die Zeit der Suspendierung war hart, weil das Gehalt des Mannes nicht zur Lebensfinanzierung der vierköpfigen Familie ausreichte. Nach dem 15. Mai 2023 hörte Sophie nichts von ihrem Arbeitgeber, einem großen städtischen Krankenhaus. So ging sie selbst zurück auf ihre Station und fand dort neben ihren Kollegen auch eine neue Krankenschwester vor, die auf genau der Stelle arbeitete, für die Sophie einen unbefristeten Vertrag innehat. Das Krankenhaus hat also für eine Stelle zwei Verträge laufen, einen mit der Gehaltsangabe 0 Euro und eine mit einem üblichen Monatsgehalt. Man bot ihr eine andere Stelle im Krankenhaus an. Die Stelle eines Pflegehelfers. Der Arbeitgeber ist aber verpflichtet, den zu ihren Arbeitsplätzen zurückkehrenden Suspendierten eine ihrer vorigen Stelle vergleichbare Tätigkeit anzubieten, falls ihre ursprüngliche Stelle nicht mehr verfügbar ist. Sophie wird sich nun mit einem Anwalt in Verbindung setzen.
Antoine, 28, Pflegehelfer, keine Kinder. Nach der Suspendierung begann er Schritt für Schritt, Dinge zu verkaufen. Er hat keinen wohlhabenden Familienhintergrund, seine Familie verdammt ihn ohnehin für seine Entscheidung. Er verkaufte Kleidungsstücke. Dann Möbel. Die Wohnungskündigung wegen ausstehender Mieten kam schnell. Er schläft seither im Auto. An den Tafeln des roten Kreuzes und des Vereins Restaurants du Cœur wurde er wie alle „Ungeimpften“ abgewiesen. Er überlebte die Suspendierung mit Saisonjobs auf Campingplätzen und durch die Hilfe der Vereine der Suspendierten. Antoine ist erschöpft, verzweifelt, deprimiert. Und er ist entsetzt von der Gleichgültigkeit der französischen Gesellschaft seinem Schicksal gegenüber. Ob er von einer Autobehausung aus seine Stelle im Altenpflegeheim wieder antreten können wird, bleibt fraglich.
Der Kontakt und die Unterstützung rissen nie ab
Manon, 43, Psychologin, keine Kinder. Manon war eine der Krankenhaus-Psychologinnen für das Personal, sie hatte in ihrem Arbeitsalltag keinerlei Patientenkontakt. Nach ihrer Suspendierung nahm sie wiederholt an „COVID-Partys“ teil, um sich anzustecken. Entweder bei ebenfalls suspendierten Kollegen, die einen positiven Test und ein paar Symptome hatten oder mithilfe von Masken, die mit den Suspendierten solidarische Kollegen aus dem Krankenhaus mitbrachten: Masken, die von COVID-Patienten getragen wurden. So konnte Manon zweimal mit einem Genesenenzertifikat zu ihrem Arbeitsplatz zurückkehren, zweimal vier Monate. In ihrem Team wurde sie gemobbt. Sie entschloss sich dann, unter dem Radar einen auf sechs Monate befristeten Vertrag im Senegal anzunehmen. Sie ist seit Februar 2023 zurück und zögert, wie sie weiter vorgehen soll.
Françoise, 56, Sonderpädagogin, Witwe, erwachsene Kinder. Bereits als die Maskenpflicht eingeführt wurde, kündigte Françoise ihren Vertrag. Sie könne nicht aushalten, die Behinderten mit Masken blockiert zu sehen und selbst ebenfalls unter einer Maske zu stecken. Schon im Sommer 2020 sprach sie von einer Gesundheitsdiktatur. Sie nahm einen befristeten Arbeitsvertrag bei einer Berufsberatung für arbeitslose Jugendliche an, dort nahm niemand die Maskenpflicht ernst und fragte auch nicht nach ihrem „Impfstatus“. Nach Ablauf des Vertrags verbrachte Françoise ein Jahr in der Arbeitslosigkeit. Vor zwei Wochen hat Françoise einen neuen Vertrag unterschrieben, in einem anderen Behindertenwohnheim als zuvor. Bei ihrem Einstellungsgespräch im Mai 2023 war eine „Impfung Anti-COVID“ kein Thema.
Éponine, 21, ehemals in der Ausbildung zur Kinderpflegerin. Éponine war sehr froh, einen Platz in der Schule bekommen zu haben, in der Kinderpfleger ausgebildet werden. Nach einem Jahr Unterricht unter Maskenpflicht, wurde sie zu Beginn des zweiten Ausbildungsjahrs im September 2021 nach ihrem „Impf“-Zertifikat gefragt. Sie hatte keines und würde auch in Zukunft keines haben. Sie durfte ihre Ausbildung nicht fortsetzen. Seither versucht Éponine, sich neu zu orientieren und einen Beruf zu finden, der ihr ebenso zusagt wie Kinderpflegerin. Sie will die Ausbildung nicht wieder aufnehmen, weil sie befürchtet, dass sich eine Politik wie im Jahre 2021 im Laufe ihres Berufslebens wiederholen könnte und sie das dann aufgezwungene Produkt auch nicht in sich injiziert haben möchte.
Louise, 40, Sanitäterin bei der Feuerwehr, zwei Kinder. Louises Ehemann arbeitet nicht im Gesundheitssektor und der Familie gelang es, mit seinem Gehalt halbwegs über die Runden zu kommen. Ihre Kollegen hielten die ganze Zeit über den Kontakt zu ihr, sandten Grüße, Gemüsekisten aus dem eigenen Garten. Ab und zu luden Kollegen sie zu einem Familiengroßeinkauf im Supermarkt ein, den sie dann bezahlten. Der Kontakt und die Unterstützung rissen nie ab. Louise hat ihre Arbeit jetzt wieder aufgenommen.
Sie erlebte die Injektionen als Vergewaltigung
Philippe, 51, Laborangestellter im medizinischen Dienst der Krankenkasse, ist noch heute wütend und voller Unverständnis. Denn die Räume des medizinischen Diensts der Krankenkasse sind gemeinsame Räume mit den anderen Angestellten der Krankenkasse. Sie benutzen die selben Treppenhäuser, begegnen sich auf den Gängen, fahren zusammen im Fahrstuhl. Die Krankenkassenangestellten sind nicht dem Gesetz des 5. August 2021 unterworfen, die Angestellten im medizinischen Dienst der Krankenkasse aber schon. Unter den Krankenkassenangestellten sind auch „Ungeimpfte“. Aufgrund von wirtschaftlichen Zwängen wird Philippe jetzt voller Bitterkeit an seinen Arbeitsplatz zurückkehren.
Annie, 36, Arzthelferin, ein Sohn, alleinerziehend. Vor ihrer drohenden Suspendierung ist sie zur „Impfung“ gegangen. Unter Wut und Tränen hat sie sich die erste Pfizer-Injektion setzen lassen. Auch während der zweiten Impfung vergoss sie Tränen und dachte fest an ihren 13-jährigen Sohn, den sie ohne Unterhaltszahlungen des Kindsvaters durchbringen muss. Sie erlebte die Injektionen als Vergewaltigung. Als die dritte Injektion verpflichtend wurde, hielt Annie die Füße still und ihr Arbeitgeber stellte keine Nachfragen.
Grégory Pamart, 33 und niedergelassener Hausarzt, hat nun eine Anstellung in einem Krankenhaus angenommen, darüber berichteten sogar einige Zeitungen des Mainstreams. Die Artikel lesen sich wie putzige Alles-wieder-gut-Schicksalsberichte; von Selbstkritik oder gar Kritik an der Gesundheitspolitik habe ich keine Spuren gefunden. Grégroy Pamart wird vorläufig nicht wieder eine Praxis eröffnen, der bürokratische Aufwand sei enorm, er müsse erst einmal überhaupt wieder Geld verdienen.
Es gibt auch eine alleinerziehende Mutter von zwei Kindern, der das Jugendamt einige Monate nach ihrer Suspendierung ihre Kinder wegnahm. Wegen Armutsgefährdung, sie wurden in eine Einrichtung für vernachlässigte Kinder und Jugendliche verbacht. Ich kann nicht mehr über diese Suspendierte berichten, da die Verbände solche Fälle besonders schützen möchten und der Presse nicht zu viel erzählen wollen, nicht zuletzt, um die laufenden Gerichtsprozesse nicht zu gefährden. Die Sprecher der Verbände deuten an, dass es noch weitere vergleichbare Fälle gibt.
„Es ist, wie es ist, und es ist fürchterlich.“ (Hans Henny Jahnn)
Marie Dufond lebt nach 27 Jahren in Süddeutschland, fünf Jahren in der Schweiz und 14 Jahren in Norddeutschland seit Februar 2020 in Südfrankreich. Sie ist studierte Expertin für Kommunikation, Stimme und Sprache.