Die Transformations-Absahner

Der ThyssenKrupp-Konzern kassierte zwei Milliarden für die ökologische Transformation und schmeißt nun tausende seiner Beschäftigten raus.

Der ThyssenKrupp-Konzern gehört zu jenen Großunternehmen Deutschlands, die auf ihre Pionierrolle bei der paritätischen Mitbestimmung immer stolz waren. Sogar der ehemalige ThyssenKrupp-Chef Cromme wies auf die politischen Vorzüge hin, im Aufsichtsrat Gewerkschaftsvertreter zu wissen, um schwierige Transformationsphasen eines Unternehmens konsensuell zu bewältigen. Diese paritätische Mitbestimmung, also die gleichberechtigte Teilhabe von Gewerkschaftsfunktionären an der Ausübung unternehmerischer Leitungsmacht, hat in Essen eine Unternehmenskultur entstehen lassen, die einzigartig ist. Gegen den Willen von Gewerkschaftern geht gar nichts mehr. Die Karrieren von ehemaligen Arbeitsdirektoren im Vorstand von ThyssenKrupp, vormals Funktionäre der IG Metall, sind Legende.

Dazu gehört beispielsweise der Blitzaufstieg von Oliver Burkhard, der als Arbeitsdirektor des ThyssenKrupp-Konzerns die Stilllegung des U-Boot Produktionsstandorts Emden politisch mit zu verantworten hatte und dabei dem damaligen Chef der Marine Aktivitäten, Hans Christoph Atzpodien, solidarisch zur Seite stand. Seine Belohnung blieb nicht lange aus. Die Zerstörung des U-Boot-Produktionsstandorts Emden wurde damit belohnt, dass Burkhard nunmehr Chef der ThyssenKrupp Marine System in Kiel (TKMS) ist und dort durch seine technische Inkompetenz und seine jovialen Umgangsformen (er duzt das Personal) von sich reden macht.

Zwischenzeitlich ist sein Mutterhaus, die ThyssenKrupp, in die Schlagzeilen geraten, denn noch im Sommer vergangenen Jahres feierte die Landespolitik in Anwesenheit von Ministerpräsident und Umweltministerin sowie Wirtschaftsminister Habeck das Versprechen der ökologischen Transformation des Stahlkonzerns durch Zusage einer milliardenschweren Subvention für die wasserstoffinduzierte Stahlfertigung. Heute nun stellt sich heraus, dass ThyssenKrupp nicht mehr konkurrenzfähig ist und 1/5 der Stahlkapazität mit erheblichen Einschnitten beim Personal – man spricht von 20 Prozent der Belegschaft im Stahlgeschäft – durchzuführen gedenkt.

Eine Heuschrecke in Gestalt eines amerikanischen Investors

Proteste aus der Politik blieben bisher aus, weil im Vorfeld die paritätische Mitbestimmung dafür Sorge getragen hat, dass die „Alternativlosigkeit“ der Restrukturierung von der Politik geschluckt wird. Ebenso wird von ihr geschluckt, dass die milliardenschweren Subventionen auf keinen Fall zurückgezahlt werden. Hierüber wird nicht einmal ein Wort verloren. Währenddessen dilettiert IG-Metall-Funktionär Burkhard in Kiel weiter. Vor geraumer Zeit bereits macht er sich für die Übernahme der Wismar Werft stark und erklärte, man könne aus einer Werft für Passagierschiffe langfristig auch einen U-Boot-Bauer machen. Zwischenzeitlich muss nun derselbe Burkhard eingestehen, dass er mit seinem Latein bei ThyssenKrupp Marine Systems am Ende ist.

Da ThyssenKrupp für die – bisher misslungene – Transformation zur ökologischen Stahlerzeugung sehr viel Geld benötigt, muss die ThyssenKrupp Marine Systems teilverkauft werden. Und sage und schreibe steht eine Heuschrecke in Gestalt des amerikanischen strategischen Investors Carlyle als Käufer zur Verfügung. Eingefädelt hat all dies IG-Metall-Funktionär Burkhard, der gewiss auch dafür sorgen wird, dass seine Organisation und die „Gremien“ diesen Teilausverkauf eines Filetstücks der deutschen Marinetechnologie akzeptieren werden. Dass über die Managementqualität des ThyssenKrupp Konzerns seit vielen Jahren geraunt wird, versteht nun jeder.

Der bei TKMS gescheiterte Dr. Atzpodien fand derweil eine interessante Anschlussverwendung. Er leitet als Hauptgeschäftsführer des BDSV den wichtigsten Industrieverband für die Verteidigungsindustrie, und sein Vertrag ist erst vor Kurzem trotz seiner fast 70 Jahre verlängert worden. Auch hier sucht man vergebens nach einem Aufmucken der deutschen Politik. Gewerkschaften und Großindustrie haben die Landespolitik sowieso, aber auch die Bundespolitik fest im Griff.

Für unsere Rubrik „Achgut zum Hören“ wurde dieser Text professionell eingelesen. Lassen Sie sich den Artikel hier vorlesen.

Dr. jur. Markus C. Kerber ist Professor für Finanzwissenschaft und Wirtschaftspolitik an der Technischen Universität Berlin, Gründer von http://www.europolis-online.org

Foto oben: Robert Habeck, Tekin Nasikol, Gesamtbetriebsratsvorsitzender thyssenkrupp Steel, NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur, Miguel López Borrego, Vorstandsvorsitzender thyssenkrupp, Bernhard Osburg Vorstand thyssenkrupp Steel

Foto: thyssenkrupp

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W. Renner / 22.04.2024

Aus Krupp wird Krüppel, aus Blühenden Landschaften wird verbrannte Erde. “Aus der Politik blieben Proteste bisher aus”. Weil dies politisches Programm und genau so gewollt ist, von den Sozialisten, Bauchrednern, Klimatrotteln und Märchenerzählern, aus denen die Politik nur noch besteht!

Wolfgang Richter / 22.04.2024

@ Jürgen Düker - ” der Wähler hat diese Zustände zu verantworten” - Sicher nicht “der Wähler”, nicht die ca. 20 % des Wahlvolkes, die diese Misere ausdrücklich nicht gewählt haben, weil sie zumindest ahnten, was kommt. Und schon gar nicht die sog. Nichtwähler, denen die Politik keine Alternative mdehr bietet. Und ich auch nicht.

Michael Anton / 22.04.2024

Das Ministerium für Wirtschaft und Klebstoffe teilt auf seiner Homepage mit, man plane bis allerspätestens 2028 insgesamt 1800 km Wasserstoffleitungen fertigzustellen. Durch die Zinswende und die Zurücknahme der Subventionen knickt der E-Automobilmarkt und bricht der Absatz von Wärmepumpen und Solarmodulen dramatisch ein. Eine wasserstoffinduzierte Stahlproduktion und ein derartiges Netz kann nicht Gefahren herunterspielen, wie etwa bei der Hindenburg 1937, die in einem ikonischen Unfall endete, wohl auch, weil es viele Fotos davon gab. Das Gesamtpaket der Energiewende kann zum Vietnam im Wohnzimmer werden. Durch Einschränkung von Meinungsfreiheit werden Unfälle vertuscht, Kritiker geschurigelt und Kosten und Vorteile geschönt, selbst ein Refugium wie der Balkon wird zum Exponent achtsamer Verbraucher. Eine Transformation funktioniert so nicht. Wie sie funktioniert weiß man nicht. Gehört noch zu den ungelösten historischen Problemen, deshalb existiert auch kein Konzept für Entwicklungshilfe. Relevant ist nur, daß sich das sozialistische Experiment nicht eignet, wo man den Stahl so produzierte, wie man heute den Strom. Am Ende produzierte der Ostblock Stahl, teurer als die dafür benötigten Rohstoffe.

Julia Dornburg / 22.04.2024

Wir brauchen endlich ein Amtshaftung für Politiker und diese eine Berufshaftpflichtversicherung, wie es in vielen anderen Berufen auch üblich ist. Bei jeder Entscheidung, welche diese ideologiebasierten, realitätsverweigende Politiker bereits getroffen und dadurch dem deutschen Volk geschadet haben, wäre jeder andere Manager bereits in hohem Bogen rausgeflogen. Warum kann nur der Kanzler, was der natürlich nicht tun wird, den Bundestag auflösen. Noch ein Jahr bis zur nächsten Wahl ist zu lang!!

Robert Schleif / 22.04.2024

Naja, Frau Luh - wenn Sie Soros, Gates, die Thyssen-Bosse oder Herrn Scholz für links und sozialistisch halten, verstehen wir vermutlich unter Links und Sozialistisch was ganz Unterschiedliches…

Jovan Liapsarović / 22.04.2024

Merkels größenwahnsinniger Traum von der “Große Transformation”, angeblich “Klimaschutz” durch CO2 Vermeidung , in Wahrheit angestrebter marxistischer Endsieg , wird in einer ökonomischen Katastrophe für Deutschland enden. “Wasserstoffwirtschaft” ist , nicht nur wegen der damit verbundenen extrem hohen Energiekosten, international nicht wettbewerbsfähig. Andere Staaten werden den deutschen “Vorreitern” auf ihrem Irrweg nicht folgen! Nur absolute politische “Geisterfahrer”, glaubensstarke Klimasektierer und in Verfahrenstechnik ahnungslose Planer von “Wasserstoff-Autobahnen” können auf eine derartige Schnapsideen kommen und dafür Milliarden von Subventionen in den Wind schreiben!

Fred Burig / 22.04.2024

@Robert Schleif:”.... Der Kapitalismus hat sich als weit skrupelloser, flexibler und anpassungsfähiger erwiesen, als von Karl Marx beschrieben und geahnt. ” Genau so ist es! Aber die neuen grün, rot, linken Kommunisten werden das noch überbieten wollen - das ist das eigentliche Problem! Und das auch noch mit Planwirtschaft und politischer Diktatur, die noch nie zu zivilisatorischem Fortschritt geführt hat! Verbotsdiktatur und Mangelwirtschaft hat noch nie die Massen begeistert!! Ich komme aus diesem System und möchte nie wieder da hin!!! Aber den superschlauen, treudoofen Wessies gönne ich diese Erfahrung! Konsequenterweise dann aber auch mit Abschottung vom fortschrittlicheren Teil der Welt - mit Mauerbau u.s.w. zur “Ab- und Ausgrenzung”!! MfG

Claudius Pappe / 22.04.2024

Eigentlich gehören alle vor Gericht.

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